Corona: EU-Binnenmarkt

Hiermit informieren wir über aktuelle Dokumente, die die EU-Kommission im Zusammenhang mit Covid-19 und dem freien Warenverkehr im Binnenmarkt veröffentlicht hat.

18.03.2020

Hiermit informieren wir über aktuelle Dokumente, die die Europäische Kommission im Zusammenhang mit Covid-19 und dem freien Warenverkehr im Binnenmarkt veröffentlicht hat:

  • In der Mitteilung vom 13.03.2020 betont die Kommission, dass nationale Maßnahmen, die den freien Warenverkehr einschließlich persönlicher Schutzausrüstung und medizinischer Geräte einschränken, verhältnismäßig sein müssen und zunächst der Kommission mitgeteilt werden müssen, die dann die anderen Mitgliedstaaten informiert. Das Dokument enthält auch eine kurze Erklärung darüber, was verhältnismäßig bedeuten würde (z. B. dürften Maßnahmen nicht verhältnismäßig sein, wenn sie von unbegrenzter Dauer sind oder keinen klaren Anwendungsbereich haben, der sich auf den tatsächlichen Bedarf beschränkt).
  • In den Leitlinien für die Grenzverwaltung vom 16.03.2020 betont die Kommission, dass bei allen Grenzkontrollmaßnahmen innerhalb des Binnenmarktes die Kontinuität der Lieferketten gewahrt werden sollte. Die von den Mitgliedstaaten auferlegten Beschränkungen des Gütertransports sollten transparent, ordnungsgemäß begründet, verhältnismäßig, sachgerecht und verkehrsträgerspezifisch sowie nicht diskriminierend sein. Für Waren, die sich rechtmäßig im Binnenmarkt im Umlauf befinden, sollten keine zusätzlichen Zertifizierungen vorgeschrieben werden.
  • Die am 16.03.2020 veröffentlichte Empfehlung zu Konformitätsbewertungs- und Marktüberwachungsverfahren im Zusammenhang mit der Covid-19-Bedrohung zielt darauf ab, die sichere und rechtzeitige Lieferung von persönlicher Schutzausrüstung und medizinischen Geräten zu ermöglichen. Die benannten Stellen werden aufgefordert, persönliche Schutzausrüstungen vorrangig zu behandeln; die Marktüberwachungsbehörden können das vorübergehende Inverkehrbringen von persönlicher Schutzausrüstung und medizinischen Geräten ohne CE-Kennzeichnung genehmigen, bis das Konformitätsbewertungsverfahren abgeschlossen ist, vorausgesetzt, dass das Gesundheits- und Sicherheitsniveau gewahrt wird.

Maßnahmen der EU

  • Grenzkontrollen, Freizügigkeit, Grenzgänger, Einreiseverbot: Die EU-Kommission weist die Mitgliedstaaten darauf hin, dass die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Binnenmarkts entscheidend ist, um Engpässe und die Verschlimmerung der wirtschaftlichen und sozialen Probleme zu vermeiden. Beschränkungen des Güter- und Personenverkehrs aus Gründen der öffentlichen Gesundheit seien nur dann zulässig, wenn sie transparent, hinreichend begründet, verhältnismäßig, nicht-diskriminierend sowie relevant und verkehrsträgerspezifisch sind. Beruflich bedingte Reisen zur Sicherstellung des Güterverkehrs und zur Bereitstellung von Dienstleistungen sollten ermöglicht werden. Die Mitgliedstaaten sollten zudem Grenzpendlern den Grenzübertritt gestatten und erleichtern, insbesondere, aber nicht nur denjenigen, die im Gesundheits- und Lebensmittelsektor sowie anderen wesentlichen Dienstleistungsbereichen tätig sind (zum Beispiel Kinderbetreuung, Altenpflege, unerlässliches Personal in Versorgungsunternehmen), damit sie ihrer beruflichen Tätigkeit weiter nachgehen können. In Bezug auf die Freizügigkeit wird betont, dass die Mitgliedstaaten ihre eigenen Staatsbürger und Einwohner einreisen lassen und Bürgern sowie Einwohnern anderer EU-Länder, die nach Hause zurückkehren, die Durchreise ermöglichen sollten. Für EU-Bürger müssten die in der Freizügigkeitsrichtlinie vorgesehenen Garantien gewährleistet sein. Die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten sind am 17. März dem Vorschlag der EU-Kommission gefolgt, für 30 Tage die nicht unbedingt notwendige Einreise in die EU vorübergehend zu beschränken. Ausgenommen sind alle EU-Bürger sowie Bürger der assoziierten Schengen-Länder und ihre Familienangehörige, langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige sowie Personen, die eine wichtige Funktion ausüben oder deren Reise zwingend notwendig ist (etwa Gesundheitspersonal, Grenzgänger, Gütertransport).
  • Lohnsubventionen, Sozialbeiträge, staatliche Beihilfen: Die Kommission hat klargestellt, dass Unterstützungsmaßnahmen, die für alle Unternehmen gelten – wie zum Beispiel Lohnsubventionen und die Aussetzung von Körperschaft- und Mehrwertsteuerzahlungen oder Sozialbeiträgen – nicht unter das Beihilfeverbot fallen. Sie können von den Mitgliedstaaten sofort und ohne Genehmigung durch die Kommission eingeführt werden. Zudem führt sie aus, dass die Mitgliedstaaten vorbehaltlich der Genehmigung durch die Kommission Unternehmen, die infolge des Covid-19-Ausbruchs akute Liquiditätsbedarfe haben oder vor dem Konkurs stehen, unterstützen sowie deren Verluste durch außergewöhnliche Ereignisse entschädigen können. Für eine rasche Genehmigung hat die Kommission Verfahrensvereinfachungen vorgesehen. Zudem hat die Kommission den Mitgliedstaaten einen Vorschlag für einen gesonderten Rechtsrahmen zur Anwendung von Art. 107 Abs. 3 lit b AEUV (Genehmigung von zusätzlichen nationalen Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats) zur Konsultation übersandt.
  • Flexibilität im fiskalpolitischen Rahmen: Die vorhandene Flexibilität des Stabilität- und Wachstumspakts soll laut Kommission umfassend angewendet werden. Die Kommission hat dem Rat vorgeschlagen, dass einmalige Haushaltsausgaben zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen von Covid-19 bei der Bewertung der Einhaltung der EU-Fiskalregeln unberücksichtigt bleiben sollen. Aus Sicht der Kommission gilt die Covid-19-Krise als ein „außergewöhnliches Ereignis, das sich der Kontrolle der Regierung entzieht“, was eine vorübergehende Abweichung vom erforderlichen Anpassungspfad zur Erreichung des Haushaltszieles der jeweiligen Mitgliedstaaten erlaubt. Folglich sind außergewöhnliche Ausgaben (etwa im Gesundheitswesen und bei gezielten Entlastungsmaßnahmen für Unternehmen und Arbeitnehmer) gerechtfertigt, sofern diese befristet sind und mit dem Ausbruch von Covid-19 zusammenhängen. Die EU-Kommission empfiehlt auch, die fiskalpolitischen Anstrengungen anzupassen, die die Mitgliedstaaten im Falle eines negativen Wachstums oder eines starken Rückgangs der Wirtschaftstätigkeit unternehmen müssen.
  • Auswirkungen auf Beschäftigung: Um die Auswirkungen auf Beschäftigung abzumildern, hat die Kommission sich bereit erklärt, die Mitgliedstaaten bei Kurzarbeits-, Umschulungs- und Weiterbildungsprogrammen zu unterstützen (etwa durch finanzielle Unterstützung durch den EU-Haushalt, siehe unten). Zudem hat die Kommission angekündigt, die Ausarbeitung der für das vierte Quartal geplanten Gesetzgebungsinitiative für eine europäische Arbeitslosenrückversicherung zu beschleunigen. Weder der Zeitplan noch der genaue Inhalt sind aber derzeit bekannt.
  • Finanzielle Unterstützung: Mit einem Verordnungsvorschlag über eine „Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronavirus-Krise“ schlägt die Kommission vor, im Rahmen der Kohäsionspolitik 37 Mrd. Euro für Maßnahmen gegen Covid-19 bereitzustellen und diese Mittel im Jahr 2020 im Ausnahme- und beschleunigten Verfahren vollständig auszuschöpfen. Durch die Änderung des Anwendungsbereichs der betroffenen Programme (zum Beispiel ESF) sollen insbesondere Maßnahmen zur Unterstützung des Gesundheitssystems, Bereitstellung von Liquidität für Unternehmen sowie zur befristeten Unterstützung nationaler Kurzarbeitsregelungen gefördert werden. Die Kommission hat ebenso einen Verordnungsvorschlag für die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Solidaritätsfonds der EU auf gesundheitliche Notlagen vorgelegt. Zudem weist die EU-Kommission darauf hin, dass die Mittel des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung für die Unterstützung von entlassenen Arbeitnehmern eingesetzt werden können. Der Rat hat bereits beide Gesetzgebungsvorschläge gebilligt. Die Annahme durch das Europäische Parlament steht noch aus. Die Kommission setzt sich bereits jetzt mit den am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten in Verbindung, um eine zügige Umsetzung vorzubereiten.
  • Mobilisierung von Investitionen: Gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank will die EU-Kommission in den kommenden Wochen aus dem Haushalt eine Garantie für den Europäischen Investitionsfonds (EIF) in Höhe von 1 Mrd. Euro bereitstellen. Durch die zusätzliche Garantie werden Anreize für Banken geschaffen, Kredite an KMU zu vergeben. Damit sollten mindestens 100 000 KMU im Umfang von rund 8 Mrd. Euro über bestehende EIF-Programme unterstützt werden.
  • Bewertung der BDA: Das stabile Funktionieren des Binnenmarkts sowie mit dem Gesundheitsschutz begründete Grenzmanagementmaßnahmen sind sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Eine gesicherte Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen sowie ein funktionierender Binnenmarkt bedingen einander. Die Problembehebung darf nicht allein auf Güter und Logistik verengt werden: So sind zum Beispiel 1,5 Millionen Beschäftigte in der EU Grenzgänger. Auch für sie ist ein Übertritt an den EU-Binnengrenzen sicherzustellen, wenn dieser für die Arbeitsleistung notwendig ist. Die durch die Kommission vorgeschlagenen „green lanes“ sind ein erster Schritt. Auch Beschäftigte brauchen bessere Rechtssicherheit beim Übertritt der EU-Binnengrenzen.

Kontakt

Ralph Kamphöner

Leitung Büro Brüssel | Außenwirtschaft